Viele Sephardim in Spanien wurden Ende des 15. Jahrhunderts durch die Inquisition gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Bei ihrer Flucht aus dem Land schlossen sie die Türen ihrer Häuser ab und nahmen die Schlüssel mit. Bis heute wird der Schlüssel von Generation zu Generation als Symbol für die wahre Heimat der Sephardim, von der sie vertrieben wurden, weitergegeben. So bleibt in jeder Generation die Hoffnung erhalten, dass es eines Tages möglich sein wird, die Tür zu dem wahren Zuhause wieder zu öffnen – so wird das kulturelle Erbe und das historische Stammgedächtnis bewahrt.

Engel kommen in allen Religionen vor, wenn auch in verschiedenen Formen. Das Erscheinen eines Engels weckt immer eine Hoffnung und stellt ein Versprechen dar, dass sich auch die düsterste Dunkelheit früher oder später lichtet und der Schmerz vergeht. Engel besuchen verlassene Städte und Orte schrecklicher Massaker, sie begleiten die Seelen ins Jenseits und lindern den Schmerz des Verlustes.

Der Baum ist eines der archaischsten Symbole der Welt, das eine Verbindung zwischen den alten Religionen herstellt. Der Baum des Lebens verbindet die drei Welten: Die Wurzeln schlagen sich in der Unterwelt (die Welt der Ahnen), der Stamm wächst in der irdischen Welt, und die Äste reichen bis in den Himmel. In der Bibel beginnt die Geschichte der ersten Menschen mit dem Baum im Garten Eden, an dem die verbotene Frucht wächst. Samuel Baks Werk stellt Bäume mit beweglichen Wurzeln dar, die einen Menschen symbolisieren, der gezwungen ist, seine Heimat zu verlassen und daher seine Wurzeln „einpackt“ und an einen anderen Ort trägt. Es ist ein trauriges, aber hoffnungsvolles Symbol, das uns daran erinnert, dass wir eigentlich alles, was wir brauchen, in uns haben.

Samuel Bak begann seinen Schachzyklus nach dem Tod seines Stiefvaters Nathan Markowski – des Menschen, der für ihn wie ein Vater war. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, als der Junge und seine Mutter in einem DP-Lager in Landsberg, Deutschland, landeten, begann sich Markowski um die beiden zu kümmern. Er war es, der Samuel die Regeln des Spiels erklärte und ihm das Schachspielen beigebracht hat. In den Augen des Künstlers sind rationale und durchdachte Züge mit der Ordnung eines strukturierten Lebens verbunden und das Schachbrett ist ein Symbol für die Plattform des „Lebensspiels“.

Der hoffnungsvollste Moment für eine:n Glücksspieler:in ist die Sekunde vor dem Würfeln, die Samuel Bak oft als die Chance bezeichnet, die unser Schicksal bestimmen kann. Das bezieht sich nicht nur auf den Erfolg in einem Glücksspiel, sondern auch auf den erfolgreichen Schritt im Leben im übertragenen Sinne. Wir sind stets gezwungen, uns zu entscheiden: wo wir studieren, wohin wir reisen und wo wir wohnen wollen. Für den Künstler symbolisiert der Würfel sowohl das blinde Glück als auch den Erfolg, den wir selbst bestimmen.

Samuel Bak beschreibt den kreativen Prozess als die Gesamtheit von Wünschen, Gedanken und Ideen, die zerlegt, gebrochen und dann wieder zusammengesetzt werden müssen, aber in einer anderen Form: der Form, die die Künstler:innen in ihrer Phantasie hervorbringen. Viele seiner Stillleben sind ein Versuch, die nicht mehr bestehende, aber äußerst wertvolle Welt der Vergangenheit zu visualisieren, die in einem Kunstwerk wieder ins Leben gerufen werden kann.

Samuel Bak ist ein Weltbürger, ein Kosmopolit. Er hat in Israel, Frankreich, Italien und der Schweiz gelebt. Schließlich ließ er sich in den Vereinigten Staaten nieder. Er hat viele warme, aber auch schmerzhafte Erinnerungen an seine Heimatstadt Vilnius, die Hauptstadt Litauens. Auf die Frage, wo er herkommt, antwortet er immer: Ich bin a Vilner (jiddisch für „Ich bin aus Vilnius“). Es sind die guten Erinnerungen an seine Kindheit, die den Künstler wie ein Anker an Vilnius binden – seine geistige Heimat, die ein untrennbarer Teil seiner Identität ist.

In den Gemälden des Zyklus „Adam und Eva“ setzt sich der Künstler mit dem jüdischen Prinzip Tikun Olam auseinander, das sich auf den Versuch bezieht, sich zu erholen und die Welt wieder in Ordnung zu bringen. Samuel Bak stellt die rhetorische Frage, wie es gewesen wäre, wenn seine Eltern den Holocaust überlebt hätten. Hätten sie versucht, ihre Welt zu reparieren, sie aus Scherben wieder zusammenzusetzen? Der Künstler hofft es, bezweifelt es aber auch. Die Birne, die aus Stücken zusammengeklebt wird, um ein vorübergehendes Zuhause zu werden, scheint nicht lange zu halten. Der Künstler fragt sich selbst und uns alle: „Sind unsere Hoffnungen berechtigt?“