In Samuel Baks Werken symbolisiert der Schlüssel auch all jene, die während des Holocausts gestorben sind: Wir werden auf sie durch das Bild eines Schlüssels erinnert, der nicht mehr gebraucht wird. Es ist ein unscheinbares, aber aussagekräftiges Symbol für die verlorene Heimat und das verlorene Leben.
Der Schlüssel ist auch eines der Symbole der Macht Gottes: Damit kann „das Tor zum Himmel“ aufgeschlossen werden. Er öffnet auch die Tür zu einer Parallelwelt, kann Erinnerungen freilegen und dadurch geliebte Verstorbene wieder ins Leben rufen.

So weit das Auge reicht, sind nur Ruinen der Stadt zu sehen. Kein Lebewesen in Sicht. Der Ort wird aber von Engeln besucht, die Hoffnung dort verbreiten, wo es keine gibt. Die biblischen Engel sind die Boten des Himmels auf der Erde, die die Botschaft Gottes verbreiten. Wo ein Engel erscheint, wird das Leid gelindert uns die Einsamkeit schmilzt dahin.

In Samuel Baks Werk sind Bäume allgegenwärtig: der brennende Dornbusch, die schwerelosen Baumgruppen, die die Inseln von fliegenden Häusern umgeben, gefällte, aber gestützte und somit noch stehende Bäume oder Bäume, die im Begriff sind, mit dem ganzen Hang von einem Fluss weg gespült zu werden... All diese Bäume sind unsere letzte Zuflucht und ein integraler Bestandteil der Welt, so dass wir uns fragen müssen, ob wir uns genug um unsere Umwelt kümmern.

Schachfiguren wurden von zahlreichen Künstler:innen dargestellt: In der Malerei des Mittelalters und der Renaissance symbolisiert der geschlagene König die Niederlage, und der Läufer neben der Dame bedeutet eine Romanze zwischen der Herrin und ihrem Diener. In den Werken von Samuel Bak spiegeln die Züge des Läufers, des Springers und anderer Figuren globale Konflikte verschiedener Größenordnungen wider. Die Welt des Schachs erlaubt es, zu experimentieren: Es ist ein Spiel zwischen zwei Gegner:innen – wir haben eine:n Gegenspieler:in, gegen die bzw. den wir antreten. Und es liegt an uns, mit wem wir uns identifizieren: mit dem Springer, Läufer oder vielleicht sogar mit dem König.

Das Äquivalent zum Würfel ist der Dreidel, der am jüdischen Chanukka-Fest gedreht wird und als Spielzeug auf der ganzen Welt bekannt ist. Während Chanukka erlauben sogar die Rabbiner das Glücksspiel. Das Wichtigste ist nicht die Sorge, auf welche Seite der Dreidel fallen wird, sondern, ihn geschickt zu drehen. Der sich drehende Dreidel symbolisiert das Universum und das Leben. Das Spiel bringt die Familie und die Gemeinschaft zusammen.

Das Leben von Samuel Bak ist voller Verluste: Alle seine Großeltern kamen im Holocaust ums Leben und sein Vater wurde in den letzten Kriegstagen erschossen. Die anderen geliebten Menschen, die ihn in der stabilen Phase seines Lebens umgeben haben, waren auch nicht mehr da. In seinen Stillleben versucht er, eine verlorene Welt aus kleinen Details zusammenzusetzen: Er versucht, die Gestalt des Nachttisches, der neben dem Bett seiner Großeltern stand, oder die Form der Tasse, aus der seine Eltern tranken, bis ins kleinste Detail wiederzugeben. Es wird nie eine photographische Abbildung der verlorenen Welt sein, aber der Malprozess hilft, die Einsamkeit zu überwinden und die Vergangenheit im Kopf wieder aufleben zu lassen.

„Einst verglich ein Historiker das nicht mehr existierende jüdische Vilnius mit einem leuchtenden Stern, der irgendwann erlosch. Meine Stadt lebt heute in seinen unzähligen Lichtreflexen fort: in Prosa, Poesie, Musik und Kunst. Sie sind blass, aber leuchten immer noch – genug, um mich zum Schaffen zu inspirieren.“, schreibt Samuel Bak in seinen Memoiren. Es ist die Kunst in all ihren Erscheinungsformen, die uns helfen kann, die geistige Fülle zu empfinden und das kulturelle Umfeld unserer Heimatstadt, das nicht mehr existiert, zu bewahren.

Für Samuel Baks Adam und Eva sind das Paradies und die Vertreibung daraus nur noch verblassende Erinnerungen. In seinen Werken weist der Künstler ihnen verschiedene Rollen zu: arme Schtetl-Bewohner, ein elegant gekleidetes modernes Paar, Opfer des Holocausts, die sich zu verstecken versuchen, Menschen, deren gottesgegebene Gebot gebrochen wurde oder Menschen, die selbst gegen das Gesetz verstoßen haben. Das Paar ist auf der Suche nach seiner Bestimmung und versucht, sich an die moderne Welt anzupassen. Wenn wir Adam und Eva betrachten, identifizieren wir uns mit ihnen – mit den in der modernen Welt lebenden prototypischen ersten Menschen, die von der Geschichte schwer gebeutelt wurden.